Slow Jogging: So geht achtsames Laufen
Mittlerweile gibt es viele Berichte über den Trend Slow Jogging aus Japan. Doch was steckt genau dahinter? Was ist anders am Slow Jogging als an einer sonst gemütlichen Jogging-Runde? In diesem Artikel erfährst du, was sich hinter diesem Trend verbirgt, was das Slow Jogging rein technisch ausmacht und wie du aktiv einsteigen kannst. Und da ich gerne neue Sportarten ausprobiere und mich schon viele Jahre zu den eher gemütlichen Läuferinnen zähle, berichte ich euch abschließend von meinen ersten Erfahrungen mit dem Slow Jogging.
Was ist Slow Jogging?
Beim Slow Jogging soll es nach dem Entwickler Prof. Dr. Hiroaki Tanaka in erster Linie darum gehen, langsam und achtsam zu laufen.
Eine Art Trippeln mit vielen kleinen Schritten, bei dem man gleichzeitig entspannt und fröhlich ins Quatschen kommen kann. So langsam, dass es nach dem Begründer vor allem Anfänger und auch ältere Menschen gut bewältigen können. Kurzum: Genuss und Wohlbefinden – statt sich gestresst durch 30 Minuten Laufen zu quälen. Das klingt grundsätzlich schon mal gut, oder?
Wie starte ich mit Slow Jogging?
Einen speziellen Slow-Jogging-Trainingsplan oder eine konkrete Anleitung braucht man anfangs nicht. Es reicht, sich erstmal auf den Weg zu machen, und entweder aus dem Gehen, Walken oder gemütlichen Joggen heraus, die beschriebene Slow-Jogging-Technik auszuprobieren.
Die Slow-Jogging-Technik
- Achte von Beginn an bewusst auf eine insgesamt entspannte Körperhaltung. Der Oberkörper ist aufrecht mit lockeren Nackenmuskeln, der Blick geht nach vorne und die Schultern hängen entspannt herunter.
- Das A und O: Versuche mit einer Frequenz von etwa 180 Schritten pro Minute zu trippeln (und falls du keinen Schrittzähler hast, zähle lieber nur 30 Sekunden und multipliziere mit 2 – so kommst du nicht durcheinander).
- Beim Slow Jogging berührst du zuerst mit dem Mittelfuß den Boden und stößt dich dann nur minimal ab. Die Flugphase ist somit extrem kurz und kaum spürbar.
- Atme bewusst ein und aus und versuche ein Tempo zu finden, bei dem du dich gut unterhalten kannst. Prof. Tanaka nennt das Tempo charmant „niko niko pace“. Also eine Geschwindigkeit, bei der du entspannt lächeln kannst („niko“ ist Japanisch und bedeutet Lächeln; „pace“ ist das englische Wort für Tempo).
Wie lange sollte man laufen?
Gerade zu Beginn ist es vollkommen ausreichend, alle paar Minuten für 30–60 Sekunden die hohe Schrittfrequenz einzubauen. Denn bedingt durch das schnelle Trippeln über den Mittelfuß, geht die Technik ziemlich in die Wade. Durch das Trippeln sind die Füße zudem sehr nah am Boden, weshalb es sinnvoll ist, zu Beginn auf ebenes Terrain zu achten.
Klappen die ersten Versuche gut, kannst du die Phasen des Slow Joggings nach und nach um weitere 30–60 Sekunden verlängern.
Was wird beim Slow Jogging trainiert?
Das Slow Jogging zählt zu den sanften Ausdauersportarten. Regelmäßig durchgeführt, stärkst du also deine Kondition. Beansprucht werden beim Slow Jogging vor allem die Beinmuskeln, und durch die besondere Technik der hohen Schrittfrequenz ganz besonders die Wadenmuskeln.
Braucht man besondere Laufschuhe für das Slow Jogging?
Ich würde das Slow Jogging erstmal mit „Bestandsschuhen“ ausprobieren. Wer dann nach mehreren Trainingseinheiten Spaß an dieser Sportart hat und gerne weitermachen möchte, dem empfehlen wir, einen Blick auf seine Laufschuhe zu werfen und sich ggf. ein neues Paar zu gönnen. Dafür ist es immer ratsam, in ein Fachgeschäft zu gehen und sich beraten zu lassen.
Generell werden von Slow-Jogging-Trainern folgende Tipps zum Schuhkauf gegeben:
- Achte auf eine möglichst dünne und leicht formbare Sohle sowie
- auf eine niedrige Sprengung (Höhenunterschied zwischen Ferse und Fußballen).
Für wen ist Slow Jogging geeignet?
Das Slow Jogging ist generell für viele Menschen geeignet. Da diese Form des Laufens gut mit dem normalen Gehen, Walken oder Joggen kombinierbar ist, kann das Slow Jogging prima bei jedem Fitnesslevel eingesetzt werden. Vom Anfänger bis zum Profi.
Außerdem kann das Slow Jogging auch sehr gut als Trainingsalternative genutzt werden. Der ungewöhnliche Laufstil ist auf jeden Fall eine interessante Abwechslung. Da die Technik erstmal sehr ungewohnt ist und sich unnatürlich anfühlt, ist es empfehlenswert, dem Slow Jogging nicht nur einen Versuch, sondern mehrere zu gönnen.
Kann man mit Slow Jogging abnehmen?
Ganz egal, wie du Slow Jogging betreibst, ob eingebettet ins Walken oder Joggen oder als reine Trainingseinheit: Mit einem Ausdauertraining kannst du prima deinen Energieverbrauch erhöhen und somit eine Gewichtsabnahme unterstützen. Doch wie immer gilt es zu bedenken, dass eine Gewichtsreduktion allein durch die Erhöhung von körperlichen Aktivitäten ausgesprochen schwierig ist.
Wenn du gerne abnehmen möchtest, ist es immer ratsam, auch deine Ernährungsgewohnheiten zu verändern und so die Effekte zu verstärken.
Gut zu wissen:
Vermarktet und beworben wird das Slow Jogging durch eine internationale Institution, die International Slow Jogging Association, die vom Erfinder mitbegründet wurde. Auf der deutschen und der internationalen Internetseite (z.B. slowjogginginternational.com) wird u. a. ein Video gezeigt, in dem Prof. Tanaka die Technik vorstellt. Zudem erhält man Informationen, wie z. B. über Ausbildungs-Stützpunkte.
Auf den Seiten wird von jahrzehntelanger Forschung und zahlreichen Studien zum Slow Jogging berichtet. Hier muss man allerdings anmerken, dass die verlinkten Studien sich nicht explizit mit der beschriebenen Technik befassen, also der 180-Schritte-pro-Minute-Technik. Stattdessen beziehen sich die Studien auf die Auswirkungen verschiedener Laufgeschwindigkeiten bzw. Intensitäten beim Laufen auf gesundheitliche Parameter, wie z. B. Bluthochdruck.
Die Ergebnisse der Studien zeigen, dass insbesondere Menschen, die mit leichter Anstrengung gelaufen sind, gesundheitlich am stärksten profitierten. Aussagekräftige Studien zur Technik selbst stehen noch aus.
Zum Abschluss ein Erfahrungsbericht:
Nun weiß ich, was mit Slow beim Slow Jogging gemeint ist
Da ich gerne neue Sportarten ausprobiere, ziehe ich also die Laufschuhe an und mache mich auf den Weg. Los geht's! Ich starte mit gemütlichem Joggen und pendle mich bei etwa 140 Schritten pro Minute ein. Nach 10 Minuten versuche ich, bewusst eine Minute lang kleine Trippelschritte mit höherer Frequenz zu machen. Und komme auf 152. Na ja, so richtig viele Schritte mehr sind das nicht gerade ... Es fehlen fast 30 Schritte. Dann laufe ich erstmal gemütlich in meinem Tempo weiter. Es folgen Versuch Nummer 2 und 3, die jeweils bei 155 Schritten landen. Hm, immer noch nicht wirklich mehr ...
Zwischen den Trippel-Einheiten laufe ich gemütlich jeweils etwa 5 Minuten weiter. Aber mein Ehrgeiz ist gepackt und ich mache noch Versuch 4 und 5. Tatsächlich komme ich beim fünften Durchgang auf 172 ☺ und muss feststellen, dass 180 Schritte pro Minute eine echte Herausforderung sind. Mal ganz davon abgesehen, dass ich mich schon irgendwie beobachtet fühle, wenn ich da so auf der Stelle trippelnd unterwegs bin. Aber das ist ein anderes Thema. Schließlich mache ich noch einen letzten Versuch und schaffe wieder 172. Immerhin – und gönne mir dann noch 10 Minuten entspanntes Walking.
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Mein Fazit:
Eins ist mir nach der ersten Trainingsrunde definitiv klar geworden ist: Was das Slow beim Slow Jogging eigentlich bedeutet. Was anfangs wie ein Widerspruch klingt, muss nur aus einem anderen Blickwinkel gesehen werden: Slow Jogging bedeutet nicht, langsam zu laufen, denn die Schrittfrequenz ist extrem hoch, sondern langsam vorwärts zu kommen.
Allerdings hat es mich persönlich auch nach zwei weiteren Versuchen nicht überzeugt, weil es mir zu anstrengend ist, schnell „slow“ zu sein. Was so charmant und easy und locker klingt, habe ich erstmal als sehr ungewohnt, unnatürlich und eher anstrengend empfunden. Ich bleibe lieber bei meinem gemütlichen Laufstil. Auch da kann ich mich entspannen, quatschen und meine Mitmenschen anlächeln. ☺
Generell finde ich einen Trend hin zum SLOW total gut. Neben dem ganzen „no pain no gain“ ein weiterer entspannter Ansatz, der einen angenehmen Kontrapunkt zur Selbstoptimierung beitragen kann. Damit hat für mich das Slow Jogging grundsätzlich eine gute Botschaft!
Denn achtsam zu laufen und sich dabei immer wieder auf seinen Körper zu konzentrieren, ist eine super Sache. Nicht auf Zeiten, Strecken und Trainingsergebnisse zu schauen, um sich immer weiter zu perfektionieren. Sich stattdessen auf Spaß an Bewegung, Runterfahren und Genuss zu besinnen. Dann ist das ein tolles Ziel. Und trainiert nebenbei auch ein natürliches Körpergefühl.
Und ein bisschen mehr SLOW geht auch bei vielen anderen Sportarten. Genussvolles Schwimmen, Skilaufen, Wandern oder Radfahren zum Beispiel. Wer sich regelmäßig auf ein gemütliches Treffen von Körper, Geist und Bewegung einlässt, hat sicherlich in unserer Optimierungs-Gesellschaft viel gewonnen!