Progressive Muskelentspannung: So hilft sie dir, Stress zu reduzieren
Du möchtest tief entspannen, hast aber keine Lust, dich erst lange einzulesen oder dir Ausstattung dafür zu kaufen?
Wir zeigen dir eine wirksame Entspannungsmethode, die sofort wirken kann: die progressive Muskelentspannung nach Jacobson. Sie gilt zudem auch als besonders leicht zu lernen.
Was ist progressive Muskelentspannung?
Stress und Ängste wirken sich nicht nur auf unseren Geist aus. Auch unser Körper leidet unter psychischen Belastungen: Die Muskeln spannen sich reflexartig und häufig unbewusst an – und lassen oft nicht mehr los.
Hier hilft die progressive Muskelentspannung, auch progressive Muskelrelaxation (PMR) genannt.
„Progressiv“ (englisch: „progressive“) bedeutet „schrittweise“. Und genau das passiert: Schritt für Schritt lockerst du deine Muskeln, bis sich dein Körper wieder entspannt und du auch den Stress loslassen kannst.
Indem du beobachtest, wie sich deine Muskeln anfühlen, übst du dich in Achtsamkeit. Und du lernst, den Unterschied zwischen Anspannung und Entspannung zu erkennen.
Mit der Zeit gehst du souveräner mit stressigen oder angstbehafteten Situationen um. Langfristig kann die PMR dir so dabei helfen, gelassener zu reagieren, schneller Stress abzubauen und somit deine Lebensqualität zu verbessern.
Wie funktioniert die progressive Muskelentspannung nach Jacobson?
„Mens sana in corpore sano“ – ein gesunder Geist steckt in einem gesunden Körper: Dieses Zitat des Römers Juvenal ist (aus dem Zusammenhang gerissen) im Laufe der Jahrhunderte zu einer Volksweisheit geworden.
Auch der US-amerikanische Arzt und Physiologe Edmund Jacobson orientierte sich in den 1920er-Jahren an diesem Prinzip. Er ging davon aus, dass starke körperliche Verspannungen seelische Erkrankungen hervorrufen können. Umgekehrt soll ein entspannter Körper dafür sorgen, dass sich der Geist ebenfalls entspannt. Auf dieser Grundlage entwickelte Jacobson seine Entspannungsübungen.
Die positive Wirkung von PMR auf unser vegetatives Nervensystem ist inzwischen auch wissenschaftlich belegt. Unter Stress wird ein bestimmter Teil des Nervensystems, der Sympathikus, aktiviert. Wenn die Muskulatur entspannt ist, hat ein anderer Teil, der „Ruhenerv“ Parasympathikus, die Oberhand. Wechseln sich beide ab, ist alles gut. Unser Herz schlägt regelmässig, wir atmen ruhig und tief, unser Blut fliesst mit dem richtigen Druck durch unseren Körper, Verdauung und Stoffwechsel funktionieren reibungslos.
Wenn aber der Sympathikus ständig aktiv ist, kann das gesundheitliche Probleme hervorrufen. So fand eine Studie der Techniker Krankenkasse heraus, dass 80 % der „häufig Gestressten“ „ein Gefühl von Erschöpfung und Ausgebranntheit“ erleben. 74 % leiden unter Muskelverspannungen und Rückenschmerzen. Häufige Symptome waren außerdem Schlafstörungen, Kopfschmerzen und Migräne, Magen- und Darmbeschwerden sowie Angstzustände.
Genau bei diesen stressbedingten Symptomen kann die Entspannung nach Jacobson helfen. Indem wir Muskelgruppen an- und wieder entspannen, aktivieren wir den Parasympathikus. Der wiederum sorgt dafür, dass wir loslassen – körperlich wie geistig.
Wie lange dauert es, bis PMR wirkt?
Die progressive Muskelentspannung hilft dir nicht nur in dem Moment, in dem du sie ausführst, sondern verbessert insgesamt deine Lebensqualität. Sie wirkt also doppelt:
- Unmittelbar, nach der Übung. Dein Gedankenkarussell hat angehalten, dein Körper fühlt sich ruhig und leicht an – denn er konnte sogar das Stresshormon Cortisol abbauen. Geniesse es!
- Langfristig – vorausgesetzt, du nimmst dir regelmässig, am besten täglich, Zeit für die Muskelrelaxation. Schon nach wenigen Sitzungen lernst du, deinen Körper und seine Bedürfnisse besser wahrzunehmen. Bald kannst du auch im Alltag Verspannungen aufspüren und schneller lösen. Stressigen Situationen kannst du gelassener begegnen.
Für wen eignet sich progressive Muskelentspannung?
Ob vorbeugend oder um eine aktuelle Situation besser zu bewältigen: Die progressive Muskelentspannung hilft den meisten Menschen.
Besonders eignet sie sich für diejenigen, die lieber aktiv entspannen, statt sich „einfach“ hinzulegen und „nichts“ zu tun. Auch, wenn du wenig mit Fantasiereisen anfangen kannst und deinem Geist lieber ein konkretes Objekt (deine Muskeln) anbietest, ist PMR die richtige Wahl für dich.
Solltest du unter einer der folgenden Krankheiten leiden, frag bitte vorher deinen Arzt oder deine Ärztin:
- Muskelkrankheiten,
- Nervenkrankheiten wie Epilepsie,
- schwere psychiatrische Erkrankungen wie Psychosen,
- schwere körperliche Behinderungen und / oder
- Konzentrationsstörungen, die neurologischen Ursprung haben.
Es könnte sein, dass er oder sie dir zu einer anderen Entspannungsmethode rät. Auch solltest du ärztlichen Rat einholen, wenn du während der Muskelentspannung Schmerzen hast.
Noch nicht überzeugt von PMR? Hier findest du 4 weitere Entspannungsübungen bei Stress. Ausserdem zeigen wir dir die besten Achtsamkeitsübungen und den Einstieg in die Meditation.
Darauf solltest du bei der Durchführung achten
Um die Entspannungsübungen nach Jacobson bewusst ausführen zu können, brauchst du:
- Raum für dich. Schliesse die Tür und lege dich bequem hin.
- Zeit für dich. Nimm dir täglich 20 bis 25 Minuten Zeit ohne Störungen – z. B. abends vor dem Schlafengehen. Schalte das Handy aus oder zumindest leise.
- Bequeme Kleidung. Entscheide dich nur für Kleidungsstücke, die locker am Körper sitzen.
Tipp: Wenn du konkrete, schwierige Situationen wie beispielsweise Schlafstörungen mit PMR bewältigen möchtest, solltest du dich vorher ausreichend mit der Methode vertraut machen. Also starte bitte nicht nachts damit, sondern übe zunächst tagsüber. Erst dann kannst du dem hohen Stresslevel in der Nacht wirklich etwas entgegensetzen.
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Anleitung zu einer einfachen Übung
Der Einstieg in die progressive Muskelentspannung ist so leicht wie „anspannen, entspannen“.
Tipp: Um gezielt einzusteigen, eignet sich ein Kurs, entweder vor Ort in deiner Nähe oder online. Die festen Termine helfen dir ausserdem, dranzubleiben.
Natürlich haben auch wir eine einfache PMR-Anleitung für dich. Keine Sorge, du kannst nichts falsch machen. Versuche, mit deiner Aufmerksamkeit bei deinem Körper zu bleiben. Sobald du feststellst, dass dir etwas nicht guttut, löse die Anspannung teilweise oder ganz.
- Setze oder lege dich bequem hin.
- Atme ein paarmal langsam ein und aus, bis du deinen Körper richtig wahrnimmst.
- Starte mit der Übung. Dazu spürst du erst einmal in die erste Muskelgruppe, die Hände, hinein.
- Spanne sie etwa 5 – 10 Sekunden an.
- Halte die Spannung ein paar Sekunden.
- Lasse die Muskelgruppe los.
- Spüre etwa 30 Sekunden nach.
- Mach mit der nächsten Muskelgruppe weiter. Die Reihenfolge hast du dir nach ein paar Sitzungen eingeprägt: Hände, Arme, Gesicht, Nacken, Schultern, Bauch, Beine, Füsse.
Nicht erschrecken: Wenn deine Muskeln anfangen zu prickeln, ist das ein gutes Zeichen. Es bedeutet, dass das Blut besser zirkulieren kann.
Und wer weiss, vielleicht wird die progressive Muskelrelaxation ja Teil deiner perfekten Morgenroutine?